Die Frage ist nicht, ob ich an meinem Hochzeitstag sicher bin, daß ich mein ganzes Leben treu sein werde. Vielmehr, ob ich entschieden bin, daß der Mann (die Frau), den (die) ich gewählt habe, der (die) meines Lebens ist. Jeden Tag sind wir aufgerufen, unser Versprechen, das wir an unserem Hochzeitstag in der Kirche eingegangen sind, zu erneuern in dem „Ja“, das wir in voller Freiheit in all den kleinen Handlungen des alltäglichen Lebens geben: „Ich schenke mich Dir, und ich nehme Dich an.” Treu sein heißt, gemeinsam zu wachsen in diesem gegenseitigen Geschenk, das am Tag unserer Hochzeit begann und das sich ohne Unterlaß entfaltet im Laufe der gemeinsamen Jahre. Das „Ja” benötigen Zeit um zu wachsen. Es ist ein gemeinsames Vorhaben. Das bedeutet, dem anderen sagen zu können: „Was auch geschieht, ich bin mit dir in deinen glücklichen Stunden und in deinen unglücklichen.”
Treue ist das Zeugnis einer Frau, die nach 50 Jahren Ehe ihren Mann verloren hatte und sagte: „Wir hätten uns noch so viel zu sagen.“ An den anderen glauben, auf den anderen hoffen, ihm gegenüber aufmerksam sein, ihn jeden Tag annehmen, das ist der Weg der Treue. Ein Weg, der manchmal schwer, anspruchsvoll, aber auch Ursache des Glücks und der Entfaltung ist.
Dennoch ist die Treue nicht geschützt vor Versuchungen. Wenn es ein Weg ist, ein Aufbauen, dann bedeutet das, daß ich bestimmte Richtlinien berücksichtigen muß, die mich in der Treue bewahren. Die Gleichgültigkeit dem anderen gegenüber wird die Treue töten: Keine Zeit für den anderen, meine Karriere geht vor, meine Selbstentfaltung, mein Sport, die Musik, meine Freunde und Beziehungen zuerst, schließlich bin ich frei, ich möchte mir meine Freiheit bewahren. Schritt für Schritt werden die Gespräche weniger. Jeder lebt für sich selbst, anstatt für den anderen zu leben. Hier ist der wunde Punkt, an dem wir, unzufrieden und den vielfachen Verlockungen des Lebens ausgesetzt, versucht werden, die versprochene Treue zu brechen.
Einen Wächter, eine Haltung der Wachsamkeit, müssen wir in unsere Herzen legen, in unsere Augen und unsere Sprache, um die Treue wie einen wertvollen Schatz zu bewahren. Die Versuchungen der Welt sind stark: Pornographie, die Suche nach dem eigenen Vergnügen, provozierende Mode, Filme, die sexuelle Untreue als Wert darstellen. Es gibt so viel Unordnung, die uns in der Treue verletzen kann.
Das Treueversprechen erscheint uns wie eine Kühnheit, ein Risiko, in dem allein der ewig treue Gott unsere eigene Treue garantieren kann. Je mehr wir aus der Liebe Gottes schöpfen, desto mehr wird unsere Treue wachsen.
Das Sakrament der Ehe ist die unerschöpfliche Quelle, in der wir jeden Tag schöpfen können, um unsere Treue zu nähren. Der Liebe, die ihren Ursprung in Gott nimmt, kann es gelingen, die Wette um die Treue zu gewinnen, wenn sie niemals dieses Wort Jesu für jeden von uns vergißt: „Habt keine Angst. Seid gewiß: Ich bin bei euch, alle Tage bis zum Ende der Welt.“ (Mt.28,20)
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